Rückblick Jesaja-Tagung der ArgeAss
In diesem Jahr war das umfangreichste Buch der Bibel, Jesaja, mit seinen 66 Kapiteln das Thema. Die Vorträge spannten sich auch dieses Mal von den altorientalischen Quellen über Detailstudien und theologische Fragestellungen bis ins Neue Testament hinein. So wurde etwa untersucht, wie aus einem Spottlied auf den König von Babel (Jes 14) der Teufel als Lichtträger (Lucifer) werden konnte oder auch danach gefragt, welches Gottesbild die Körperbeschreibungen in Jesaja hervorbringen. Dabei spielt nicht nur der starke Arm Gottes eine Rolle, sondern über 100 Körperteile sind verzeichnet und gehören zu so prominenten Stellen, wie die Vision zur Prophetenberufung in Jes 6 oder die Gottesknechtslieder. Doch auch das Ägyptenbild des Jesaja und der universale Heilswille Gottes waren eigene Themen der Tagung, sowie die kanontheologische Frage, ob Jesaja in der Lage ist, die theologischen Antworten auf die emotional stark besetzten Leiderfahrungen des Exils, die am Ende der Königsbücher stehen, zu geben.
Im Neuen Testament wurden Johannes und Paulus in Beziehung zum großen Prophetenbuch gesetzt. Einerseits wurde Jesaja als Vorbild der Ich-bin-Worte aufgezeigt. Andererseits konnte veranschaulicht werden, dass Paulus in der Auswahl seiner Bibelzitate nicht nur sehr wählerisch, sondern vor allem exegetisch verantwortbar vorging. Dennoch lässt sich die Auswahl seiner Zitate oder auch eine Auslassung nicht immer erklären.
Besonders aufschlussreich war der abschließende Vortrag, der eine Verbindung zwischen Bibel und Menschenrechten anhand des Gottesknechts herstellte und zeigen konnte, inwiefern die Bibel als Quelle und Diskussionspartnerin im Menschenrechtsdiskurs der Pädagogik fruchtbar gemacht werden kann.
Bedingt durch die gegenwärtigen Einschränkungen fand die Tagung online statt, was auch Einfluss auf die Wahl des nächstjährigen Themas hatte. Da die ArgeAss sich immer wieder vornimmt, auch zu aktuellen Themen in Politik und Gesellschaft die Bibel zu befragen (s. etwa die JT 2018 zum Thema „Flucht und Migration“) wird die kommende Tagung im Nachgang der Corona-Pandemie lauten: „Seuchen, Krankheit und Heilung“. Sie soll während der Bibelfestwoche (Sept. 2021), welche die Jahre der Bibel in Österreich abschließt, stattfinden.
Ein Rückblick von Dr. Benedikt J. Collinet